Das ganze Jahr in knapp drei Stunden

Musikvereinigung Bad Neuenahr-Ahrweiler gratulierte sich selbst und der Kreisstadt

AHRWEILER.  Kann man einem Bindestrich gratulieren? Offensichtlich ja, denn genau das tat die Musikvereinigung Bad Neuenahr-Ahrweiler, die sich vor 60 Jahren als Musikvereinigung Ahrweiler-Bad Neuenahr den Bindestrich in den Namen setzte und die vor 50 Jahren der neuen Kreisstadt folgend die beiden Stadtteile im Namen tauschte. Und darum hieß das Motto des Jahreskonzertes im Ahrweiler Helmut-Gies-Bürgerzentrum am Samstag auch „Happy Birthday Bindestrich“ und bezog sich auf beide Geburtstagkinder, Stadt und Musikvereinigung.

Foto: Klaus Geck
Foto: Klaus Geck

Vor mehr als 400 Gästen in der nicht gänzlich gefüllten Halle präsentierten rund 50 Musiker und dazu noch einmal 25 Nachwuchsmusiker einen Einblick in das, was sie so im Laufe des Jahres leisten. Das ist vielfältig, mal Weinfest, mal Karneval, mal Schützenfest, mal kirchliches Fest. Immer sind die Musiker gefragt, immer mit anderem Stücken. Und immer spielen sie gerne auf und sind mit Spaß bei der Sache, auch weil man sich selbst nicht allzu ernst nimmt. „Das Ganze ist bloß ein Spiel“ so der Untertitel eines Konzertabends, der alles beinhaltete, nur keinen roten Faden. Der Spaß stand im Vordergrund, und deshalb erklangen die ersten Töne auch, als noch niemand auf der Bühne saß. Das Orchester verteilte sich in der gesamten Festhalle zu einem „Flashmob.“ Man wolle halt auch einmal in verdutzte Gesichter der Zuhörer sehen, erklärte es Dirigent und musikalischer Leiter Richard Knipp, der ziemlich alleingelassen das „Fanfare and Flourishes“ von James Curnow dirigierte.

 

Das war schon Mal gelungen, der wilde Sprung durchs Musikjahr und die musikalische Begrüßung der Schar von Gratulanten konnte beginnen. Da kamen die Nationen zu Gehör, vertreten durch den UNO-Marsch. Da gratulierten die Musicals in Form der schönsten Melodien aus „Tanz der Vampire.“ Es meldete sich der Große Zapfenstreich mit dem eigentlich russischen Gebet „Kol slaven nasch gospod Sionje“, eingedeutscht als „Ich bete an die Macht der Liebe.“ Und schon wieder ein musikalischer Riesensprung zu „Absolut Crossover“, bei der sich aus dem konzertanten Orchester eine BigBand heraushob. Da wackelte die große Geburtstagstorte neben der Bühne doch mächtig. Für die Musikvereinigung war es ein Test, will man doch noch in diesem Jahr gemeinsam mit einer Rockband ein Konzert geben.

Foto: Klaus Geck
Foto: Klaus Geck

Was fehlte jetzt noch? Ach ja, Karneval. Die Bläck Fööss baten zum Medley mit „Stammbaum“ oder „Ruut un wieß.“ Es wurde nun Zeit für das Ausbildungsorchester mit Dirigent Norbert Nyikes, zu zeigen: „Wir können es auch schon.“ Musikalisch anspruchsvoll ertönten Teile der Bohemian Rhapsody von Queen und dem ans melodisch einprägsame „La mer“ angelehnte „Beyond the Sea.“ Weiter ging es mit den Gratulanten des Bindestrichs. Die kamen jetzt aus Österreich, ganz neu und dennoch ein Klassiker war das wundervoll für Orchester arrangierte Medley der schönsten Melodien aus dem Singspiel „Im weißen Rössl.“ Ganz frisch im Notenbuch der Musikvereinigung war die Perger Polka zu finden, die erst 2018 uraufgeführt wurde. Noch ein Gratulant, dieses Mal aus dem Pott: Grönemeyers Hits, wie „Männer“, „Mensch“ oder „Mambo“ erklangen, das Ausbildungsorchester tanzte dazu im Hintergrund. Bis dahin lief alles wie am Schnürchen, dann aber war der Radetzky-Marsch angesagt, denn was wäre Ahrweiler ohne die Marschmusik. Nur machten hier die Musiker, was sie wollten, sprangen zwischen gefühlten zwei Dutzend Märschen hin und her, ließen dem Narhalla-Marsch die Holzhacker-Baum folgen und brachten ihren Dirigenten derart zur Verzweiflung, dass die Ahrweiler Burgundia Elena Platz eingreifen und den zu Boden gesunkenen Richard Knipp mit einem Glas Rotwein wieder aufrichten musste. Sie können also auch musikalisches Theater. Das Publikum hatte einen Riesenspaß, die Musiker auch.

 

Nach knapp drei Stunden hieß es dann musikalisch „Happy Birthday“, und dass in allerhand Musikstilen, mal als Wiener Schmäh, mal arabisch klingend, mal Dixieland und mal Groove. Noch ein kurzer Rundflug: „Ich war noch niemals in New York“ und „Berliner Luft“, dann ging es für die Geburtstagsgesellschaft zurück ins Ahrtal, endet doch jedes Jahreskonzert der Musikvereinigung mit dem Marsch „Graf Waldersee“, besser bekannt als „Tochter Zion.“

 

Quelle: localbook.de, 08.04.2019

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